Keine Note zu viel
Die Zweite Wiener Schule – Lehrer und Schüler
Janina Rüger
Schönberg verlangte als Lehrer selbstverständlich genaue Kenntnis des kompositorischen Handwerks, doch wie sich Erich Schmid erinnerte, lag sein pädagogisches Ziel darin, „den Schüler zur Selbsterkenntnis zu führen“. Denn, so erklärte Schönberg seinen Schülern immer wieder, „man lernt nur, was man ohnehin kann“. Natalia Prawossudowitsch, die nach ihrem Klavier- und Kompositionsstudium in Russland in Schönbergs Klasse nach Berlin kam, setzte sich bereits in ihrer Heimat mit dessen Arbeit auseinander. Trotz der Entstehung der sechs Primitivi genannten Miniaturen Prawossudowitschs vor deren Berliner Zeit erklärt sich somit deren unverkennbare ästhetische Verwandtschaft mit dem Stil des Lehrers Schönberg, die jedoch keinesfalls in eine Vereinheitlichung mündet. Sie veraten ihren persönlichen Stil, sind tonal angelegt, originell in Tonsprache und ihren harmonischen Kombinationen, die bisweilen sogar Bezüge zum Jazz andeuten. Die Entwicklung ihres Stiles durchlief im Laufe ihres Lebens verschiedene Wandlungen. So kehrte sie nach ihrer expressiven Phase wieder zur Tonalität zurück und doch suchte sie wie viele ihrer Studienkollegen auch nach ihrer Zeit in Berlin immer wieder Schönbergs Meinung zu ihren Kompositionen.
Die CD beginnt mit den Klavierstücken op. 33a und 33b Arnold Schönbergs worauf Werke seiner Schüler wie Natalia Prawossudowitsch, Nikos Skalkottas und John Cage, aber auch weniger bekannter wie Peter Schacht oder Leon Kirchner folgen.
Schleiermachers Stärke offenbart sich in seiner Fähigkeit, den Farbenreichtum der meist miniaturhaft angelegten Stücke auf engstem Raum zu entfalten.
erschienen in: Stuttgarter Zeitung, 21.12.2010